Fragen und Antworten zum neuen Flächennutzungsplan (FNP) 2035 für Bergisch Gladbach

12.11.2018

Der FNP-Prozess ist nun auf der Zielgeraden. Nach intensiven Diskussionen, Auswertungen und Bewertungen von 4.435 Stellungnahmen aus der Bürgerschaft zum Vorentwurf in der ersten Öffentlichkeitsbeteiligungsrunde und weiteren 2.360 Eingaben zum finalen FNP-Entwurf in der zweiten Runde sowie zahlreichen Gesprächen mit Bürgerinnen, Bürgern und Bürgerinitiativen liegt nun der neue FNP zur Beschlussfassung vor, über den der Rat der Stadt am 19. November entscheidet. Die nachfolgenden Fragen und Antworten verdeutlichen, warum die kooperierenden Fraktionen von CDU und SPD diesem Werk zustimmen. Sie sollen auch Fehlannahmen begegnen und korrigieren.

I. Muss es überhaupt einen neuen FNP geben?
Diese Frage wurde und wird uns immer wieder gestellt. Wir beantworten sie mit einem klaren „Ja“. Unsere Stadt braucht die Perspektiven für eine verantwortbare Weiterentwicklung mit Augenmaß. Das kann nur über die Neuaufstellung eines Flächennutzungsplans erfolgen, der für die nächsten Jahrzehnte Bestand hat. Wer den ständig steigenden Mieten und Grundstückspreisen entgegensteuern will, braucht ausgewiesene Wohnbauflächen. Auch die Ausweisung gewerblicher Bauflächen ist für eine prosperierende Entwicklung der Stadt unverzichtbar.

II. Wird eine Fläche umgehend bebaut, wenn diese Fläche im FNP ausgewiesen ist?
Eindeutig „Nein“! Wer das behauptet, hat keine Sachkenntnis oder schürt bewusst Ängste. Das deutsche Baurecht beruht auf einem strengen Regelwerk. Danach ist der FNP lediglich ein Plan der Bebauungsmöglichkeiten. Anders ausgedrückt: Der FNP ist ein Bauleitplan für die gesamte Stadt, aus dem ersichtlich wird, in welchen Bereichen welche Art von Bebauung möglich werden könnte. Konkret wird es erst, wenn für eine Teilfläche aus dem FNP ein Bebauungsplan (B-Plan) entwickelt wird, um diese dann anschließend bebauen zu können. Dazu ist wiederum eine Vielzahl an städtebaulichen Zielvorgaben zu beachten, die das Baugesetzbuch regelt. So hat eine B-Planung unter anderem Belange des Umweltschutzes, der Nachhaltigkeit, soziale und kulturelle Bedürfnisse, Vorgaben gesunder Wohn- und Arbeitsverhältnisse und – ganz wichtig – Belange des Verkehrs zu berücksichtigen. Zu jedem B-Plan-Verfahren ist übrigens eine eigene Bürgerbeteiligung vorgeschrieben. Ein B-Plan-Verfahren kann nur durch die Politik in die Wege geleitet werden. Ohne den sogenannten Aufstellungsbeschluss kann die Verwaltung nicht aktiv werden. Somit muss jeder Bebauungsplan letztlich eine Mehrheit im Rat finden.

III. In vielen Bürgereingaben wurde auch die Befürchtung geäußert, dass eine Zunahme an Neubauten von der bisherigen Verkehrsinfrastruktur nicht aufzufangen sei. Ein nachvollziehbares Argument?
Ja, das ist ein wichtiger Aspekt! Diesen müssen wir bei der möglichen Aufstellung eines jeden B-Plans sehr ernst nehmen und prüfen. Wir haben von Beginn des FNP-Prozesses an mehrfach betont, dass wir nur Bebauungspläne aufstellen werden, wenn zuvor die verkehrliche Situation dem Bauvorhaben angepasst wurde. Es wäre eindeutig ein Verstoß gegen geltende baurechtliche Vorschriften, wenn Wohnsiedlungen erweitert würden, ohne Rücksichtnahme auf die bestehende verkehrliche Situation zu nehmen. Deshalb ist mit Blick in die Zukunft die Optimierung des gesamten Verkehrsnetzes unserer Stadt schon jetzt eine vorrangige Aufgabe, die wir bereits eingefordert haben. Für uns gilt der Grundsatz: Baurecht kann es erst dann geben, wenn die Verkehrsinfrastruktur den zu erwartenden Verkehrsaufkommen vorher angepasst wurde.

IV. Hat es überhaupt eine echte Bürgerbeteiligung am FNP-Prozess gegeben?
Klare Antwort: Die Bürgerbeteiligung ist in allen Phasen des FNP-Prozesses nach Recht und Gesetz verlaufen. Sie war effektiv. Und wir haben sie ernst genommen. Die insgesamt 6.795 Eingaben und Stellungnahmen aus beiden Runden der Öffentlichkeitsbeteiligung sind ein kraftvoller Beleg dafür, dass die Bürgerinnen und Bürger – ob als Einzelpersonen oder in Zusammenschlüssen – ihre demokratischen Rechte umfassend in Anspruch genommen haben. Zum Teil wurden fundierte, mit Fakten untermauerte und dadurch gut nachvollziehbare Eingaben vorgelegt. In den Fraktionen von CDU und SPD gab es vor diesem Hintergrund für die eigene Meinungsbildung zahlreiche Gespräche mit Bürgerinitiativen, die Wirkung erzielt haben. Im  Entwurf des FNP, der zur Verabschiedung vorliegt, belaufen sich die tatsächlichen Neudarstellungen von Wohnbauflächen nun auf ca. 68 Hektar (im Vorentwurf waren es ca. 180 Hektar) und die der gewerblichen Bauflächen auf ca. 34 Hektar (im Vorentwurf waren es ca. 50 Hektar). Das ist eine deutliche Reduzierung gegenüber der ursprünglichen Darstellung im Vorentwurf. Diese Reduzierung an Flächenausweisungen lässt sich zum einen auf die zum Teil kritischen Eingaben der Behörden und Träger öffentlicher Belange zurückführen, die die Verwaltung zu berücksichtigen hatte. Zum anderen haben die Stellungnahmen der Bürgerinnen und Bürger ebenfalls zu politischen Konsequenzen geführt. Es gab einleuchtende Argumentationen, die die kooperierenden Fraktionen von CDU und SPD aufgegriffen haben, um Flächen herauszunehmen oder zu verändern. Der nun vorliegende finale Entwurf des FNP erlaubt auf der einen Seite Bergisch Gladbach ein behutsames Wachstum über die kommenden Jahre und erhält auf der anderen Seite das metropolnahe Leben und Wohnen im Grünen als Markenzeichen unserer Stadt.

In den Diskussionen mit den Bürgerinnen und Bürgern hat sich herausgestellt, dass der neue Flächennutzungsplan mehr als ein juristischer Verwaltungsvorgang ist. Die Themen, die zur Sprache gebracht worden sind, gehen weit über das „Bauleitplan-Verfahren“ – wie es im Behördendeutsch heißt – hinaus. Die Bearbeitung dieser Themen ist wichtig und Voraussetzung für die weitere städtebauliche Entwicklung in Bergisch Gladbach. Deshalb haben wir die Themen Verkehr optimieren, bezahlbaren Wohnraum schaffen, Fahrradstraßen schaffen, verdichtetes Bauen in den bestehenden Wohngebieten steuern, Quartiere gestalten, neue Wohnformen fördern, zielgerichtete städtische Statistiken führen und soziale Infrastruktur besser planen, Auswirkungen der Digitalisierung ernst nehmen, Bürgerbeteiligung stärken und Zanders-Flächen schon nach dem Vorentwurf in einem Zehn-Punkte-Programm zusammengefasst und beschlossen. Die Umsetzung wird von den politischen Gremien eingefordert. Daran lässt sich ablesen, dass die Bürgerbeteiligung juristisch und politisch wirksam ist.

V. Welche Auswirkungen hat der Kauf des Zanders-Areals durch die Stadt auf den FNP?
Um es klar auf den Punkt zu bringen: Der Kauf des Zanders-Areals und der anstehende Beschluss über den neuen FNP sind zwei separate Vorgänge. Der einstimmige Ratsbeschluss der Stadt für den Kauf des gesamten Zanders-Areals diente dem Zweck, der von Insolvenz bedrohten Firma Zanders zu helfen. Durch den raschen Grundstückskauf ist die Firma mit ihren 500 Mitarbeitern in der Lage, die Produktion aufrecht zu erhalten, und hat mehr  Zeit, einen neuen Investor zu finden. Ist ein Käufer gefunden, wird in den Fabrikhallen vermutlich weiterhin Papier produziert. Wir unterstützen den Erhalt der Firma Zanders. Erst wenn sich diese berechtigte Hoffnung nicht erfüllen sollte, ergibt sich für die Stadt eine neue Lage. Als Eigentümer der gesamten Fläche haben wir dann die Möglichkeit, das Zanders-Areal städtebaulich neu zu erschließen.