Dr. Michael Metten / CDU-Fraktionsvorsitzender // Foto: Manfred Esser
Sehr geehrte Damen und Herren,
beim Lesen der Haushaltsrede des Bürgermeisters und auch des Koalitionsvertrages des Ampelbündnisses gerät man ins Staunen. Gespickt mit mannigfachen Ankündigungen wie die, alle Schulen sanieren zu wollen, oder mit millionenschweren Programmen sämtliche Straßen zu erneuern, um nur zwei Beispiele zu nennen, könnte man meinen: Ja, Bergisch Gladbach wird zu einem Hort der Glückseligkeit. Die Ampel verspricht Aktivitäten auf allen Gebieten! Doch bei genauem Hinsehen entpuppen sich viele dieser Ankündigungen als ein Katalog aus der Abteilung „Wünsch dir was“.
Es fehlt eine verbindliche Priorisierung der vielen kleinen und größeren Projekte. Deshalb gibt es für die Politik keine Verlässlichkeit, keine exakte Nachprüfbarkeit für das, was da kommen soll. Dennoch steigt mit diesem Haushalt die Neuverschuldung in gigantische Höhen - nach dem Motto: Erst mal viele Haushaltspositionen schaffen, um danach die Millionen einzusetzen, wo es gerade opportun erscheint. Dieses vorgelegte Werk ist für die CDU-Fraktion ein Haushalt der Unverbindlichkeit, der Beliebigkeit!
Versiegende Finanzquellen
Allein 28 Millionen Euro sind dem so genannten „Schütt-aus hol-zurück“-Verfahren entnommen worden. Diese städtische Geld-Quelle, von Herrn Stein in seiner vorangegangen Zeit als Kämmerer eingesetzt, droht recht bald - wie ein Bach in der Sommerhitze - zu versiegen. Das Verfahren ist nichts anderes als der Griff in die städtischen Rücklagen. Und diese sind bekanntlich endlich. Bereits mit dem übernächsten Haushalt könnte es sich „ausgeschüttet“ haben. Und was dann?
Vorbildlich, dass sich Herr Stein in seiner Kämmerer-Zeit als solider Rechner mit der Bereitschaft zum Sparen etabliert hat; dass er nun aber in neuer Funktion als Erster Bürger der Stadt derart in die Vollen greift, ist für die CDU-Fraktion weder nachvollziehbar noch vorbildlich. Zu den vielen Fragen, die offen bleiben, drängt sich diese auf: Warum eine Kreditaufnahme von - sage und schreibe - 100 Millionen Euro? Es fehlt schlicht an Augenmaß! In einer Zeit voller wirtschaftlicher Unabwägbarkeiten ist diese Verschuldung nicht zu verantworten. Das Ampelbündnis nimmt es scheinbar in Kauf, dass die Grundsteuer B bald über die 1.000-Punkte-Grenze springt.
Vor dem Hintergrund der durch die Corona-Pandemie bedingten Unterstützungspolitik von Bund und Ländern stellt sich nicht zuletzt die Frage der Generationengerechtigkeit. Schulden - egal auf welcher politischen Ebene - tilgen sich nicht von allein, auch wenn die Laufzeiten auf 50 Jahre angelegt sind. Sie werden fällig - und sind eine riesige Bürde für nachfolgende Generationen. Gerade jetzt wären Zeichen der Ausgabendisziplin wichtig. Viele Unternehmen besonders im Einzelhandel und in der Gastronomie ringen um ihre Existenz. Sollten sie, was zu hoffen ist, die Corona-Zeit überstehen und wieder Tritt fassen, ist gleichwohl auf längere Zeit hin mit städtischen Mindereinnahmen zu rechnen. An dieser Stelle mein Appell an die Verwaltung: Stützen Sie unsere örtlichen Unternehmen unter Ausschöpfung aller Möglichkeiten. Setzen Sie beispielsweise die Sondernutzungssatzung auch dann aus, wenn die Geschäfte wieder geöffnet sind; halten Sie an der sogenannten „Brötchentaste“ fest, die in den Reihen der Ampel leider so belächelt wird. Auch die Steigerung der Innenstadt-Attraktivität - ich komme später darauf zurück - wirkt sich positiv auf die Kauflaune der Bürgerinnen und Bürger aus. Die Wirtschaft braucht nun Verlässlichkeit und Wachstumsimpulse!
Grundsteuer B-Senkung: Wahlgeschenk oder Schlingerkurs?
Mit der Einbringung des Haushaltes kündigte Herr Stein für 2021 eine Senkung der Grundsteuer B um 100 Prozentpunkte auf 470 Punkte an. Das klingt - zumal in Corona-Zeiten - vordergründig nach einer Entlastung für alle. Doch die Umrechnung bringt hier Klarheit: In der Auswirkung würde die Senkung eine Einsparung pro Kopf von jährlich (!) 36,46 € bedeuten. Für den städtischen Etat wirkt sich im Umkehrschluss diese Absenkung in Höhe von 4,12 Mio. € Mindereinnahmen aber als sehr beträchtlich aus. Wo bleibt ein durchdachtes Konzept der Unterstützung der durch die Corona-Krise gebeutelten Unternehmen und Bürger mit kreativen Ideen? Dafür gab es doch ausreichend Zeit. Uns reicht die nebulöse Ankündigung des Bürgermeisters, mit einer Grundsteuer B-Reduzierung Gutes für alle tun zu wollen, nicht. Vielmehr handelt es sich um ein Wahlversprechen des Bürgermeisters, zu dem selbst die Koalitionäre zwischenzeitlich die Gefolgschaft versagt haben.
Dass in der mittelfristigen Finanzplanung schon im Jahr 2022 eine Anhebung der Grundsteuer B auf 670 Prozentpunkte vorgesehen ist, für 2023 eine weitere Steigung auf 720 und für 2024 auf 770 Punkte, macht deutlich: Die Senkungsankündigung für dieses Jahr ist alles andere als nachhaltig. Sie läuft allenfalls unter „gut gemeint und schlecht gemacht“. Mein dringender Rat an den Bürgermeister: Bleiben Sie, Herr Stein, bei der aktuellen Grundsteuer B-Ausweisung von 570 Punkten. Es gäbe Möglichkeiten genug, die Bürgerinnen und Bürger bei anderen Abgaben wirklich spürbar zu entlasten, zum Beispiel bei den Elternbeiträgen für Kita-Plätze und im Ganztagsschulbetrieb. Eine solche Entscheidung würde die CDU-Fraktion gerne mittragen.
Personalaufstockung - differenziert bewertet
Die im Etat ausgewiesene Personalaufstockung der Verwaltung belastet den Haushalt enorm, insbesondere wenn man bedenkt, dass diese Mehrstellen auf 20 bis 30 Jahre hochzurechnen sind. Insgesamt und bis jetzt sind es 70 zugeordnete neue Stellen. Das ist jedenfalls eine bemerkenswerte Hausnummer, die den Personalkosten-Anteil im aktuellen Haushalt - bei defensiver Berechnung - um etwa 2,8 Mio. € erhöhen dürfte. Um es klar zu sagen: Die für das Hochbauamt vorgesehenen 13,5 zusätzlichen Stellen hält die CDU-Fraktion ebenso für sinnvoll wie die nachgereichten fünf Stellen für den schulischen IT-Bereich; hier könnten wir uns sogar eine weitere Stellenanhebung vorstellen. Wenn sich keine geeigneten IT-Spezialisten für die Verwaltung finden lassen, dann müsste diese überfällige Dienstleistung auf dem „freien Markt“ eingekauft werden.
Wie wir das stets gemacht haben, so auch für diesen Etat: Wir sind die Erweiterung des Stellenplans sorgsam durchgegangen und kommen zu dem Schluss, dass wir von den 70 Stellen 21,5 für verzichtbar halten. Wir haben die Streichung beantragt. Die Konzeptlosigkeit des Ampelbündnisses zeigt sich beispielsweise bei den 2,0 beantragten Stellen für die Baulandstrategie: Den politischen Aussagen insbesondere der Grünen ist zu entnehmen, dass es keine weiteren Ausweisungen von Bauland im Außenbereich geben soll. Für was werden dann diese beiden Stellen benötigt?
Erst vor zwei Jahren hieß es in einer Pressemitteilung der FDP-Vorsitzenden Anita Rick-Blunck, dass auch öffentliche Haushalte lernen müssten, mit den zur Verfügung stehenden Mitteln auszukommen. Wörtlich: „Was wir jedoch bewerten und kritisieren können: Dass die Personalentwicklung in dieser Stadt immer nur eine Richtung kennt – nämlich stärker nach oben als die Einnahmen.“ Gilt nun diese in der Sache richtige Erkenntnis nicht mehr? Oder stimmt die FDP nun jeder grünen Idee zu, um weiter Teil des Bündnisses sein zu dürfen?
Fünf Sofortmaßnahmen
Im Gegensatz zur Ampel setzen wir Prioritäten für Sofortmaßnahmen. Deshalb schließe ich meine Ausführungen mit folgenden fünf Schwerpunkten, die aus unserem Blick aktuell dringend angegangen werden müssen:
- Digitale Schule: Die Schulträger, Schülerinnen und Schüler wie auch die Lehrkräfte haben zu Recht hohe Erwartungen an die politischen Entscheider und an die Verwaltung, mit der Digitalisierung des Unterrichts voran zu kommen. Die Corona-Krise macht deutlich, wie sehr wir in diesem Bereich leider hinterherhinken. Die CDU-Fraktion wird jeden Schritt unterstützen, um hier Fortschritte zu erzielen. Alle Schülerinnen und Schüler brauchen nicht nur funktionsfähige Endgeräte; es ist auch der Support durch IT-Fachleute notwendig. Deshalb begrüßen wir, wie ich bereits erwähnt habe, die Einrichtung der fünf neuen IT-Stellen. Wir halten es aber für erforderlich, in kurzen Abständen von der Verwaltung über die Bewerbungslage informiert zu werden. Klappt das in absehbarer Zeit nicht, müssen Leistungen in diesem Bereich kurzfristig extern eingekauft werden. Die dafür entstehenden Mehrkosten sind aufzubringen. Digitale Endgeräte ohne entsprechenden Support und Lehrkonzepte sind leider zwecklos.
- Innenstadt-Qualität: Gerade in der aktuellen Pandemie mit den dramatischen Einschränkungen für Handel, Gastronomie und Kultur muss ein Fokus auf unseren Innenstadtbereichen sowie den Zentren in den Stadtteilen liegen. Maßnahmen sind: Aussetzung von Sondernutzungssatzungen für Gastronomie und Handel, verkaufsoffene Sonntage zur Entzerrung, geförderte Einkaufsgutscheine, reduzierte Parkgebühren, entgeltfreie Weihnachtsmärkte und Kirmes-Veranstaltungen. Viele weitere kreative Ideen werden gebraucht. Wir müssen Handel, Gastronomie und Kultur die Möglichkeit geben, wieder Tritt zu fassen. Zudem müssen wir die Aufenthaltsqualität in den Innenstadtbereichen erhöhen, um somit die Verweildauer der Kunden zu verlängern. Dafür kann gerade jetzt einiges getan werden. So sind Sauberkeit und Ordnung in vielen Bereichen unserer Stadt noch immer deutlich verbesserungsbedürftig. Es gibt immer noch Angsträume, die es zu beseitigen gilt. Deshalb tragen wir die neuen Stellen bei StadtGrün und beim Abfallwirtschaftsbetrieb mit und hoffen auf deutlich sichtbare Ergebnisse. In einem Antrag haben wir die Verwaltung beauftragt, eine Kostenerhebung für ein dynamisches Parkleitsystem in Bensberg vorzunehmen und die dafür erforderlichen Haushaltsmittel in den Etat 2021 mit einem Sperrvermerk einzustellen.
- Elternentlastungen: Durch Home-Schooling - nicht selten in Kombination mit Home-Office - sind viele Eltern eine wichtige Stütze in der Corona-Pandemie. Bei uns haben sich die Mitteilungen enttäuschter Eltern gehäuft, wonach ihnen für Februar die Kita-Beiträge und ihr Anteil für die Ganztagsbetreuung von der Stadt abgebucht wurden. Irgendeine städtische Information, warum diese Kosten in Zeiten des Lockdowns nicht wie im Januar erlassen wurden, gab es leider nicht. Für nicht erbrachte Leistungen sollte die Stadt kein Geld verlangen. Deshalb gibt es nur einen Weg: Die Elternbeiträge rückerstatten!
- Ehrenamt stärken: Viele Vereine, Initiativen und Gesellschaften sehen sich in Zeiten der Pandemie ernsthaften Existenzproblemen entgegen. Deshalb halten wir an der Forderung fest, ein Ehrenamtsbüro einzurichten. Unsere ehrenamtlichen Kräfte, ohne die unsere Gesellschaft nicht funktionieren würde, benötigen eine unterstützende Anlaufstelle - gerade für die Zeit nach Corona. Dieses Büro sollte mit eineinhalb Stellen möglichst bald die Arbeit aufnehmen können, mit einer halben Stelle geht das nicht.
- Wiederaufforstungsprogramm: Das Anlegen eines Bürgerwaldes hat Symbolwert. Aber das reicht nicht: Denn das Fichtensterben hat durch die letzten drei Trockenjahre und den sich ausbreitenden Borkenkäfer derart zugenommen, dass hier großer Handlungsbedarf besteht. Es sollte im Interesse aller Fraktionen liegen, möglichst rasch ein umfassendes Wiederaufforstungsprogramm auf den Weg zu bringen, das auch die Erneuerung von absterbenden Straßenbäumen einbezieht. Die Aussichten, dass unsere heimischen Laubbaumarten die Klimaveränderung überstehen, bezeichnen Experten als gering. So könnte bald die Buche sterben. Vielleicht gelingt es uns, hier eine interfraktionelle Initiative „zur Rettung unserer Wälder“ zu realisieren. Und: Wir vertrauen - scheinbar anders als der Bürgermeister, der nun die Baumschutzsatzung zur Chefsache erklärt hat - auf die Tatkraft des Leiters von StadtGrün, Herrn Nollen, der ein solches Programm mit angemessener Finanzausstattung kompetent umsetzen sollte.
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